Nachhaltige Verpackungen werden immer mehr nachgefragt. Besonders bei Lebensmitteln sind innovative und recyclingfähige Produkte erste Wahl. Mehl und Zucker werden bekanntermaßen in Papier verpackt, zunehmend setzen aber auch Getränkehersteller auf Papier – und das nicht nur mit dem klassischen Getränkekarton. Coca-Cola und auch der Whiskyhersteller Johnnie Walker entwickeln neue Prototypen für Papierflaschen. Vorgemacht hat es Carlsberg. Denn auch er dänische Brauerei-Riese forscht an einer Papierflasche für Bier. Allen Projekten ist eins gemein. Die Produkte sollen möglichst einfach zu recyceln und – anders als die herkömmlichen Flaschen aus Glas oder Plastik - zur Not vollständig biologisch abbaubar sein. Derzeit sind bei den Papierflaschen noch nicht alle Recycling-Fragen gelöst. Aber bald wird es heißen: „Hoch die Pappen“.
Noch haben die Prototypen eine dünne Kunststoffschicht
Bei Coca Cola besteht die neue Flasche zwar fast komplett aus Papier, ganz ohne Kunststoff geht es aber nicht. Deckel und eine innere Barriere sind – noch – aus Plastik.Die Flasche kann deshalb nicht ohne weiteres ins Altpapier gegeben und wie Zeitungen und Kartons recycelt werden. Coca-Cola will aber auch diese Hürde nehmen: „Unsere Vision ist es, eine Papierflasche zu schaffen, die wie jede andere Papiersorte recycelt werden kann und dieser Prototyp ist der erste Schritt auf dem Weg dorthin.“, sagt Stijn Franssen, EMEA R&D Packaging Innovation Manager bei dem Getränkehersteller.
Auch Carlsbergs „Green Fibre Bottle" ist noch nicht komplett abbaubar. Die Brauereigruppe hat zwei Prototypen von Flaschen aus besonders stabilem Papier vorgestellt, die innen mit einer dünnen Schicht Kunststoff überzogen sind. Bei einem der Prototypen handelt es sich um recyceltes PET, beim anderen um einen aus Stärke gewonnenen Kunststoff. Nun soll auch diese Schicht in den Bierflaschen durch biologisch abbaubares Material ersetzt werden.
"Innovation braucht Zeit", sagt Myriam Shingleton, Vice President Group Development bei der dänischen Carlsberg Gruppe. "Wir werden weiterhin mit führenden Experten zusammenarbeiten, um die verbleibenden technischen Herausforderungen zu meistern."
Die Whisky-Marke Johnnie Walker will mit ihren Papierflaschen beim Thema Recycling schon einen Schritt weiter sein. Der Walker soll demnächst in Flaschen aus Zellulose daherkommen, dem Material, aus dem auch Papier produziert wird. Der Zellstoff wird dazu in Siebe gepresst und die gepresste Form in Mikrowellenöfen gebacken. Im Innenraum wird die Papierflasche eine Beschichtung erhalten, bei der es sich ausdrücklich nicht um eine Plastikbeschichtung handeln soll. Der Vorteil für den Verbraucher und die Umwelt: Man braucht kein Spezialverfahren zum Recycling sondern soll die Flasche ohne Probleme ins Altpapier geben können.
Geringes Gewicht reduziert die Emissionen beim Transport
Bei nachhaltigen Verpackungsinnovationen geht es übrigens nicht nur um eine energiesparende Herstellung oder die Abbaubarkeit der Materialien, sondern auch um einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck auf dem Weg vom Produzenten zum Verbraucher. Je weniger eine Flasche wiegt, desto geringer sind die CO2-Emissionen, die beim Transport anfallen. Auch dabei punktet das Leichtgewicht Papier.
Bei Milch und Saft entfaltet Papier sein Verpackungspotenzial
Und wie sieht es bei anderen Getränken wie Milch oder Saft aus? Umweltbewusste Verbraucher machen nach einer aktuellen Studie nichts falsch, wenn sie Milch im Getränkekarton statt in der Glasflasche kaufen. Auch Säfte und Fruchtnektare sind im Karton gut aufgehoben. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg 2019 im Auftrag des Fachverbandes «Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel» erstellt hat.
Das Institut nahm die am häufigsten verwendeten Getränkeverpackungen von Saft, Frischmilch und H-Milch unter die Lupe und prüfte sie auf ihren ökologischen Fußabdruck. Dazu gehörten Mehrweg-Glasflaschen, PET-Flaschen und Getränkekartons. Untersucht wurde der gesamte Weg der Verpackung von der Herstellung über die Nutzung bis zu Entsorgung oder Recycling. Auch alle Transporte wurden einbezogen.
Gerade bei Frischmilch sei der Getränkekarton erste Wahl, so die Forscher. Jede Mehrwegflasche Frischmilch muss in Deutschland im Schnitt 1231 Kilometer transportiert werden – 779 Kilometer mehr als ein Milch-Karton. Zudem ist bei Kartons das Verpackungsgewicht im Vergleich zum Inhalt geringer. Der 1-Liter-Getränkekarton zeige keine signifikanten Vor- oder Nachteile gegenüber der Mehrwegflasche, der 1,5-Liter-Getränkekarton dagegen "ein insgesamt vorteilhaftes Bild".
Am schlechtesten schnitten bei dem Verpackungsvergleich die PET-Einwegflaschen ab. Gründe sind der hohe Verbrauch an fossilen Rohstoffen bei der Produktion der Verpackung sowie schlechte Recyclingraten.
Anfang 2020 hatte Ritter Sport seine Fans aufgerufen, den Prototypen der ersten in Papier eingewickelten Schokolade zu testen. Die Resonanz war überwältigend. 24.000 Menschen beteiligten sich an der Umfrage. 94 % fanden, dass sich der „in Papier“-Prototyp von anderen Verpackungen positiv abhebt. Nur wenige Monate später machte das Unternehmen Nägel mit Köpfen und brachte die in Papier verpackte Schokolade testweise in die Märkte, um herauszufinden, wie sich eine Papierverpackung bei der Konfektionierung, dem Transport in den Supermarkt und schließlich dort im Regal verhält. Im Blog von Ritter Sport heißt es zum Thema Papier: „Ein entscheidender Vorteil von Papier ist, dass es viel einfacher zu entsorgen ist. Unsere Folie aus Polypropylen ist zwar auch voll recycelbar, aber für Papier ist sowohl das Entsorgungs- als auch das Recyclingsystem viel besser organisiert.“