Als erste deutsche Stadt hat sich Kiel dem Netzwerk „Zero Waste Europe“ angeschlossen. Abfallvermeidung lautet die Devise. Wir zeigen, was Kommunen machen müssen, um selbst Zero Waste City zu werden.
"Wir sind auch auf dem besten Weg, eine der ersten Zero Waste Cities in Deutschland zu werden", sagt der Oberbürgermeister von Kiel, Ulf Kämpfer. "Zero Waste" lässt sich am besten mit "kein Abfall" übersetzen – es geht also um Abfallvermeidung. Einzelne Verbraucher machen genauso mit wie Kommunen. Die teilnehmenden Städte und Gemeinden versuchen, Müll so weit wie möglich zu vermeiden. Möglichst nichts soll auf der Deponie landen. Kreislaufwirtschaft, Recycling und Kompostierung sind wichtige Schlagworte.
Ursprung der Anti-Müll-Bewegung in den USA
Die Zero-Waste-Bewegung ist nicht auf Europa beschränkt. Ihren Ursprung hat sie in den USA; Kiels Partnerstadt San Francisco gilt als Vorreiter im Kampf gegen den Müll. Inspiriert von den US-Amerikanern verabschiedete die Kieler Stadtverwaltung Anfang 2018 eine Zero-Waste-Strategie. Ein knappes Jahr später war Kiel offiziell die erste deutsche Stadt, die sich zu den Zielen der Zero-Waste-Bewegung bekannte.
Norbert Kopytziok, Leiter der Koordinationsstelle für den Umwelt- und Klimaschutz an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, sagte gegenüber den Kieler Nachrichten: „Ich finde es toll, dass die Stadt ein Konzept entwickelt, um herauszufinden, was möglich ist. Wir dürfen nicht mehr an Problemen wie Plastikstrohhalmen und Einwegbechern hängen bleiben – die Stadt Kiel geht strukturiert und systematisch vor mit diesem Vorhaben, das ist wirksam
Was genau bedeutet "Zero Waste"?
Nach der Definition der International Zero Waste Alliance geht es nicht nur darum, plastikfrei zu leben oder unnötigen Müll zu vermeiden, sondern um den Erhalt von natürlichen Ressourcen durch:
- verantwortungsvolle Produktion,
- verantwortungsvollen Konsum,
- Wiederverwertung und Rückgewinnung von Produkten, Verpackungen und Materialien, ohne sie zu verbrennen oder auf eine andere Weise schädliche Stoffe freizusetzen, die der Umwelt oder dem Menschen schaden.
Kommunen, die bei Zero Waste mitmachen möchten, müssen unter anderem diese Bereiche in den Blick nehmen:
Städte müssen Ziele zur Abfallvermeidung festlegen
Zunächst gilt es, Ziele für die nächsten 10 und 20 Jahre zu definieren. Üblich sind zum Beispiel Zielvorgaben zur maximalen Müllmenge pro Kopf. Städte und Gemeinden, die besonders erfolgreich bei der Vermeidung von Müll sind, werden zu "Best Practice Cities" ernannt. Zu dieser Spitzengruppe gehört zum Beispiel Treviso in Italien. Die Einwohner von Treviso produzieren pro Kopf und Jahr weniger als 75 Kilogramm Restmüll. Zum Vergleich: Laut Statistischem Bundesamt kommen die Deutschen im Schnitt auf 157 Kilogramm Hausmüll pro Kopf. Da ist also noch viel Luft nach oben!
Recycling, Mehrwegsysteme und Kompostierung fördern
Die Menschen sollen in ihrem Alltag so viele Mehrweg- und Recyclinglösungen wie möglich nutzen. Die Kommunen müssen diese Systeme also ausbauen und die Nutzung fördern. Kreislaufwirtschaft statt Wegwerfgesellschaft lautet die Maßgabe. Wenn irgendwann wirklich kein Abfall mehr produziert werden soll, bedeutet das ein Umdenken der Verbraucher in vielen Bereichen: wiederverwendbare Wachstücher statt Frischhaltefolie, Leitungswasser statt Wasser aus PET-Flaschen, Second Hand statt Neuware ...
Die Zahl der Menschen, die den Abfall in ihrem Alltag schon heute auf ein Minimum reduzieren, wächst. Unser Zehn-Punkte-Plan für ein nachhaltigeres Leben liefert ein paar Anregungen – nicht nur zur Müllvermeidung.
Nachhaltige Geschäftsmodelle unterstützen
Über die kommunale Gesetzgebung, finanzielle Förderung oder Aufklärungsarbeit können Städte und Gemeinden viel bewegen. Durch die Unterstützung von nachhaltigen Geschäftsideen lassen sich die Zero-Waste-Ziele in der Kommune verankern. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten Unverpackt-Läden. In Kiel hat schon 2014 der deutschlandweit erste Laden eröffnet, der unverpackte Lebensmittel anbietet. Verpackungen aus Plastik und anderer unnötiger Abfall sollen so vermieden werden. Inzwischen gibt es derartige Läden auch in vielen anderen Städten. Die Kundinnen und Kunden bringen eigene Dosen oder Flaschen mit oder können im Geschäft umweltfreundliche Mehrweg-Verpackungen kaufen. So soll der Lebensmittel-Einkauf möglichst müllfrei und nachhaltig werden. In anderen Branchen gilt: Je langlebiger Produkte sind, desto weniger Müll fällt an. Kommunen sollten deshalb im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unternehmen davon überzeugen, langlebige und wiederverwendbare Produkte herzustellen.